von Annette Trabold
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Katarakt-Operation (Graue Star-Operation) durch neue Techniken, moderne Geräte und ständige Weiterentwicklungen grundlegend verändert. Nicht nur, dass aus einem stationären Eingriff eine generell ambulante Operation geworden ist, sondern der Zeitpunkt der Operation hat sich auch von sehr weit fortgeschrittenen Kataraktformen hin zu milder ausgeprägten Formen verschoben.
Das hat unter anderem damit zu tun, dass die Erwartungshaltung der Patienten enorm zugenommen hat und die Anforderungen an das Sehen im Alltag, zum Beispiel im Straßenverkehr und am Computer, gestiegen sind. Jede Katarakt- Operation hat also auch das Ziel ein bestmögliches refraktives Ergebnis zu erzielen. Viele Patienten erwarten, nach dem Eingriff, wenn überhaupt, nur noch eine leichte Brille tragen zu müssen.
Die modernen Messmethoden (Biometrie) und die aktuellen asphärischen, monokularen Intraokularlinsen (IOL) kommen diesem Ziel schon nahe, allerdings bleibt den Patienten meistens zumindest eine Lesebrille erhalten. Immer häufiger hört man daher von Patienten die Frage nach einer völligen Brillenunabhängigkeit, also nach einer Korrektur im Fern- und Nahbereich.
Um diesen Wunsch zu erfüllen wurden verschiedene Intraokularlinsen entwickelt. Vielversprechend waren dabei beispielsweise zunächst die sogenannten „akkommodativen“ (besser: „pseudoakkomodativen“) IOL, zum Beispiel die Crystalens HD von Bausch und Lomb. Es hat sich jedoch gezeigt, dass diese Form der „Akkommodation“ zu schwach ist, dass also die IOL eine zu geringe Bewegung im Auge vollzieht. Daher werden diese Linsen in Deutschland nur in geringem Umfang eingesetzt.
Zunehmend häufiger und erfolgreicher werden dagegen die sogenannten „Multifokallinsen“ verwendet. Durch ein refraktives bzw. diffraktives Wirkprinzip werden unterschiedliche Brennpunkte erzeugt. Dies geschieht durch eine fest definierte „Riffelung“, die als konzentrische Ringe auf der Linse aufgebracht ist. Es zeigte sich dabei allerdings, dass sich vor allem zwei Brennpunkte ausbilden, so dass man streng genommen von Bifokallinsen und nicht von Multifokallinsen sprechen müsste. Mit diesen beiden Brennpunkten haben die Patienten einen sehr guten Fern- und Nahvisus, wobei sich der Nahvisus vor allem auf den Bereich 35-40cm bezieht. Das bedeutet also, dass viele Patienten im „Zwischenbereich“ also bei 50-80cm (typischerweise am PC- Bildschirm) eine Nahbrille bzw. PC-Arbeitsplatzbrille benötigen.
Ein weiterer Nachteil dieser Linsen ist, dass durch die oben erwähnte „Riffelung“ in gewissem Maße Streulicht entsteht, so dass etliche Patienten Lichtempfindlichkeit und Halos an Lichtquellen oder entgegenkommenden Scheinwerfern bemerken. Um diesen Nachteilen Rechnung zu tragen hat die Firma Carl Zeiss Meditec eine Trifokallinse entwickelt. Diese Trifokallinse mit dem Namen AT LISA tri 839MP ist seit über einem Jahr auf dem Markt. Die speziell angeordneten konzentrischen Ringe verteilen das Licht im Verhältnis 50% für die Ferne, 30% für den Intermediärbereich und 20% für den Nahbereich. Diese Lichtverteilung für die unterschiedlichen Distanzen wurde entwickelt um einen guten Visus für alle Bereiche unabhängig von der Pupillengröße zu erzielen.
Die Augenklinik Lohr hatte in den vergangenen 14 Monaten die Gelegenheit auch im Rahmen einer europaweiten Multicenter- Studie die Lisa tri MIOL zu implantieren. Ziel der Studie ist es unter anderem zu zeigen, dass die Patienten auch im Zwischenbereich brillenfrei sind und keine störenden Streulichter, Halos, Glare etc. bemerken.
Grundvoraussetzung für die Studie war es, dass beidseits eine visusrelevante Katarakt vorliegt, der corneale Astigmatismus kleiner als eine Dioptrie ist und der Patient der Studie zustimmt. Die AT LISA tri 839MP ist eine einstückige, hydrophile Acryllinse mit einer hydrophoben Oberfläche. Sie ist eine asphärische, diffraktive Trifokallinse mit einer +3,33 dpt Addition im Nahbereich und einer +1,66 dpt Addition im Intermediärbereich. Durch diese zusätzliche Addition wird im Vergleich zu den herkömmlichen Multifokallinsen eine Verbesserung im Intermediärbereich erreicht. Bisher gibt es die Lisa Tri nur als nicht-torische Variante, eine torische Version wird für Ende des Jahres in Aussicht gestellt
Wir haben bisher über 30 Lisa tri MIOL implantiert.
Die Ergebnisse sind durchweg als positiv zu werten. Nahezu alle unserer Patienten haben einen unkorrigierten binokularen Fernvisus von 1,0 oder besser und lesen Nieden 3 oder besser.
Leider schafft es aber auch diese Linse nicht alle Patienten zu 100% brillenfrei zu bekommen. Es gibt also auch Patienten die eine Lesehilfe verwenden, wenn sie etwas sehr klein Gedrucktes lesen müssen oder längere Zeit am Computer sitzen.
Jeder Patient wird nach 30 bzw. 90 Tagen nach OP gefragt, ob er Blendungserscheinungen wie Halos etc. bemerkt. Fast alle empfinden diese Halos als mild und nicht störend, aber es gibt keinen Patienten, der diese Halos verneint und keinerlei Blenderscheinung bemerkt.
Die Lisa tri ist zwar anderen multifokalen Linsen in der Qualität des Sehens bei schlechten Lichtverhältnissen überlegen, kann aber gewisse „Nebenwirkungen“ auch nicht völlig verhindern.
Die LISA tri hat unser Spektrum in der Refraktiven Chirurgie deutlich erweitert. Wir haben unseren Wunsch den Kataraktpatienten bzw. presbyopen Patienten eine Brillenfreiheit zu ermöglichen fast erreicht. Unsere Ergebnisse mit der Lisa tri sind durchweg erfreulich. Wir können die Patienten ermuntern und diese Linse empfehlen, müssen allerdings bei der Aufklärung immer noch beachten, dass möglicher Weise eine Restbrille für die Patienten bei speziellen Tätigkeiten übrig bleiben kann und dass eine gewisse Lichtempfindlichkeit oder Kontrastminderung entstehen kann. Für weitere Fragen können Sie sich gerne an die Augen-Laser-Klinik Lohr wenden, oder einen Termin für Ihre Patienten zur Beratung bei uns vereinbaren.
Dieser Fachartikel für Augenärzte erscheint im Forum der OcuNet Gruppe
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